Bundessozialgerichtsurteil: AktZ. 6 Rka 15/97

Informationen zur Kostenerstattung bei Psychotherapie

§ 13 (2) SGB V: Kostenerstattung als Wahlrecht der Versicherten.

Im Gesetzestext heißt es: Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Sie sind von ihrer Krankenkasse vor ihrer Wahl zu beraten. Eine Beschränkung der Wahl auf den Bereich der ambulanten Behandlung ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer (PsychotherapeutInnen ohne KV-Zulassung) dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Jahr gebunden.

§ 13 (3) SGB V: Kostenerstattung als Sicherstellungsleistung der Krankenkassen

Dazu heißt es im Gesetzestext: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Voraussetzungen der Bewilligung nach § 13 Abs. 3 SGB V

Laut einem Vergleich zwischen Techniker-Krankenkasse und Kassenärztlicher Vereinigung vor dem Bundessozialgericht können Anträge auf Kostenerstattung von den Krankenkassen unter folgenden Voraussetzungen bewilligt werden (Vergleich vor dem BSG, Az: 6 RKa 15/97):

  1. Die Behandlung muss durch einen zur psychotherapeutischen Behandlung berechtigten Arzt im Sinne des § 2 Psychotherapie-Vereinbarungen befürwortet sein (ärztlicher Psychotherapeut, Psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut).
  2. Leistungen dürfen nur für Richtlinien-Verfahren erbracht werden (Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Psychoanalyse).
  3. Leistungen dürfen durch Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nur vergütet werden, wenn ein in der vertragsärztlichen Versorgung beteiligter Psychotherapeut nicht zur Verfügung steht.
  4. Wenn im Zusammenwirken mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ein zur psychotherapeutischer Behandlung berechtigter Psychotherapeut nicht zur Verfügung steht, kann die Krankenkasse Leistungen nach § 13 Abs. 3 SGB V erbringen.
  5. Die Prüfung, ob ein Psychotherapeut zur Verfügung steht, hat die KV innerhalb von vier Wochen nach Anfrage der Krankenkasse durchzuführen.

Allgemeiner Sozialrechtsanspruch auf einen Psychotherapieplatz

Wenn Sie an einer Störung mit Krankheitswert leiden, die in den Behandlungsbereich der sog. Richtlinien-Psychotherapie fällt, dann ist Ihre Krankenkasse verpflichtet, Ihnen in angemessener Zeit zu angemessenen Bedingungen einen Psychotherapieplatz zur Verfügung zu stellen. Kann Ihnen im Rahmen der kassenärztlichen Vereinigung, die die Sicherstellung der Krankenversorgung zu gewährleisten hat, kein Psychotherapieplatz zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung gestellt werden („Sachleistungsprinzip“), so ist Ihre Krankenkasse rechtlich verpflichtet, Ihnen ersatzweise nach dem Prinzip der Kostenerstattung auch außerhalb der kassenärztlichen Versorgung einen Psychotherapieplatz zu finanzieren.

Kostenerstattung: was zu beachten ist

Ihre Krankenkasse kann die Kostenerstattung ablehnen, wenn Sie ohne vorherige Genehmigung einfach anfangen. Gewöhnlich – und das ist ja auch nicht unverständlich – müssen Kostenerstattungsleistungen vor Aufnahme der Therapie bewilligt werden. Der richtige und erfolgreiche Weg ist daher: Teilen Sie Ihrer Krankenkasse mit, dass bei Ihnen Psychotherapie erforderlich ist (Notwendigkeitsbescheinigung einer ÄrztIn) und dass Sie keinen Platz zu angemessenen Bedingungen (z. B. Wartezeit, Entfernung, Geschlecht, Alter, spezielle Erfahrung oder Fachkunde, Persönlichkeitseindruck, Beziehung) in der kassenärztlichen Versorgung erhalten können, was Sie belegen können sollten. Schreiben Sie hierzu also bitte auf, wann Sie wen angerufen und die Auskunft erhalten haben, dass kein Psychotherapieplatz frei ist. Bei Angaben von Vermittlungsstellen, ist es es manchmal nützlich, eine ZeugIn zu haben, um belegen zu können, dass die Angaben, die gemacht wurden, nicht stimmen. Das teilen Sie Ihrer Krankenkasse mit und stellen gleich – am besten formlos schriftlich, damit es ein Dokument und einen Beleg gibt – den Antrag auf Kostenerstattung. Lassen Sie sich dann von der SachbearbeiterIn der Krankenkasse beraten, eine geeignete PsychotherapeutIn im Rahmen der Kostenerstattung finden. Falls Sie schon vorher eine gefunden haben, brauchen Sie noch eine Bestätigung, dass diese von Ihrer Krankenkasse akzeptiert wird.

Worauf Sie achten sollten, wenn Sie Adressen von Vermittlungsstellen bekommen

Vor Verabschiedung des Psychotherapeuten Gesetzes wurden von vielen Vermittlungsstellen Telefonnummern und Adressen mitgeteilt, die angeblich einen oder mehrere Psychotherapieplätze frei hatten, aber über keine wirkliche Aufnahmekapazität verfügten. Vergewissern Sie sich daher bitte bei der Voranmeldung, dass nicht nur ein Platz für ein Vorgespräch „frei“ ist, sondern ein echter Psychotherapieplatz, für wie lange und ab wann.

Literatur

  • –  Best, D., Gerlach, H., Kommer, D., Orlowski, U., Wasem, J. & Weidhaas, J. (2003). Gesundheitsreform 2004. Bedeutung für die psychotherapeutische Praxis. Decker. Heidelberg
  • –  Bundessozialgericht (BSG), Vergleich Az: 6 RKa 15/97 vom 21.05.1997.
  • –  https://www.psychotherapeutenjournal.de/pdfs/2004-02/21-SWH.pdf

 

Die Tür zur Psychotherapie – Klare Regeln für genehmigungspflichtige Psychotherapie

Die Tür zur Psychotherapie – Klare Regeln für genehmigungspflichtige Psychotherapie

In einem Fall der Unterversorgung dürfte eine Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht kommen. Das Bundessozialgericht hat in einem Vergleich (Az. 6 RKa 15/97) festgestellt, dass die zumutbare maximale Wartezeit 6 Wochen bei Erwachsenen (im Einzelfall auch bis zu drei Monaten) beträgt. Es ist nach diesem Gerichtsentscheid Sache der Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen, einen Vertragsbehandler zur Verfügung zu stellen, nicht Aufgabe des Patienten, sich einen Platz zu suchen! Bei mehreren erfolglosen Anbahnungsversuchen einer Psychotherapie innerhalb dieser angemessenen Frist und in angemessener Entfernung dürfte ein Anspruch auf Kostenerstattung einer außervertraglichen Psychotherapie zu bejahen sein.

1. Rufen Sie in Ihrer Nähe mehrere (mindestens drei, besser fünf oder mehr) Psychotherapeuten an, die Ihnen von Ihrer Krankenversicherung genannt werden und lassen sich von ihnen bestätigen, dass sie aufgrund mangelnder Kapazitäten in nächster Zeit (innerhalb von 6 Wochen bis 3 Monaten) keine Psychotherapie beginnen können. Lassen Sie sich das entweder schriftlich bestätigen oder dokumentieren Sie die Telefonate.

2. Bitten Sie Ihren behandelnden Arzt darum, dass er Ihnen in einer kurzen schriftlichen Stellungnahme die Notwendigkeit/Dringlichkeit einer psychotherapeutischen Behandlung bescheinigt (Notwendigkeitsbescheinigung) und einen Konsiliarbericht erstellt (falls noch nicht geschehen).

3. Lassen Sie sich zudem von dem privaten, (noch) nicht zugelassenen Behandler bestätigen, dass eine Therapie in seiner Praxis sofort angetreten werden kann. Sinnvoll sind des Weiteren Angaben des Threapeuten über Art und Umfang der Behandlung, die veranschlagte Anzahl der Sitzungen (Therapieplan) sowie das Honorar pro Sitzung sein.

4. Sie benötigen eine Bestätigung eines Kassenpsychotherapeuten, dass Sie Psychotherapie benötigen. Hierzu gehen Sie in seine Sprechstunde, Sie brauchen keinen Termin.

5. Rufen Sie die Terminvergabestelle der Kassenärztlichen Vereinigung an. Diese vermittelt Ihnen einen kurzfristigen Termin bei einem Kassentherapeuten. Dort erfahren Sie, ob eine kontinuierliche Therapie möglich ist. Sollten dies nicht möglich sein, können Sie Ihren Antrag bei Ihrer Krankenkasse stellen. Diese hat drei Wochen Bearbeitungszeit. Haben Sie bis dann keinen Bescheid, gilt der Antrag als angenommen.

Mit diesen Unterlagen können Sie einen formlosen schriftlichen Antrag auf Kostenerstattung bei der Krankenkasse stellen, am besten gleich an den Sachgebietsleiter. Die Krankenkasse ist verpflichtet, den Antrag zu bescheiden. Bei einer Ablehnung kann Widerspruch eingelegt werden. Spätestens dann sollte ein auf Sozialrecht spezialisierter Anwalt vor Ort eingeschaltet werden, um die Interessen des Patienten zu vertreten.

Psychotherapeutische Leistungen gewährt Ihnen Ihre Kasse nur auf Antrag und erteilt dann eine entsprechenden Genehmigung. Ihre Krankenkasse prüft in diesen Fällen, ob sie die Kosten übernimmt. Einen Antrag (sieh Download) auf Übernahme einer solchen Leistung müssen Sie schriftlich bei Ihrer Kasse einreichen.

Nach Eingang Ihres Antrags hat Ihre Kasse drei Wochen Zeit, Ihnen zu antworten. Dabei ist es möglich, dass sie den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu Rate zieht, um ein Gutachten einzuholen. In diesem Fall verlängert sich die Frist um weitere zwei auf insgesamt fünf Wochen. Beauftragt Ihre Kasse einen zahnärztlichen Gutachter, beträgt die Frist sechs Wochen.

Überschreitet Ihre Kasse diese Fristen ohne hinreichenden Grund und Sie erhalten in der vorgegebenen Zeit keine Antwort, so gilt die beantragte Leistung als genehmigt. In diesem Fall können Sie sich die erforderliche Leistung selbst beschaffen und die Rechnung an die Kasse weiterleiten. Ihre Krankenkasse ist dann dazu verpflichtet, die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten.

Aus dem Gesetz: § 13 Absatz 3a Satz 7 SGB V
„Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.“

Widerspruch gegen Entscheidungen der Krankenkasse

Erhalten Sie innerhalb der Frist hingegen einen Ablehnungsbescheid, können Sie Widerspruch einlegen. Über dieses Recht muss Sie Ihre Krankenkasse informieren! In der Regel haben Sie dafür einen Monat Zeit, nachdem Sie die Nachricht der Kasse erhalten haben. Diese Frist sollten Sie beachten, da sonst der Bescheid rechtskräftig wird. Den Widerspruch können Sie entweder schriftlich erheben oder auch mündlich bei Ihrer Kasse einlegen. Dazu ist unter Umständen eine vorherige Beratung sinnvoll, die Ihnen beispielsweise die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) anbietet.

Wird Ihr Widerspruch von der Krankenkasse zurückgewiesen, besteht die Möglichkeit, vor dem Sozialgericht zu klagen. Die Klage müssen Sie innerhalb eines Monats nach Eingang des Widerspruchsbescheids erheben. Dabei entstehen Ihnen grundsätzlich keine Gerichtskosten.

siehe auch Urteil des Bundessozialgerichtes zur Bewilligung: AktZ. 6 Rka 15/97